Thrillerkolumne

Thriller ohne Leserstrahlen ist wie Spenser ohne Boston, Behr ohne Indianapolis, Reacher ohne Army, Rain ohne Judo, Parker ohne Plan, Bolitar ohne Win, Forsythe ohne Whisky, McGee ohne Florida, Hank ohne Baseball, Duffy ohne Beemer...

Ellis, Gun Machine (3/5) LESEN

Durchwachsen


In The Remarkable Case of Davidson’s Eyes befindet sich der Körper von Sidney Davidson an einem Ort, während er gleichzeitig mit seinen Augen einen Ort am anderen Ende der Welt sieht. Die grundlegende Idee von "Gun Machine" erinnert an diese Kurzgeschichte von H. G. Wells von 1895. 

Tidhar, Osama (4/5)

VIEL LÄRM UM VIEL

Joe ist der Protagonist in Lavie Tidhars Roman „Osama“. Er arbeitet als Privatdetektiv in der Hauptstadt von Laos und erhält eines Tages Besuch von einer verzweifelt wirkenden Dame. Wie klassisch. Sie bittet ihn, einen Mann zu finden.

Stroud, Black Water Transit (3/5) LESEN


NICHT MIT SPANDAU

Das schlechteste an Carsten Strouds Roman "Black Water Transit" ist der Nachname seiner Protagonistin. Wieso nennt man eine schwarze, toughe NYPD-Polizistin nach einem Berliner Bezirk, der nichts mit den Five Burroughs gemein hat? Aber von diesem Tiefpunkt geht es nur in eine Richtung. Nach oben.

MacDonald, The Lonely Silver Rain (5/5)

Ausgebootet

Im 21. und letzten Roman der Reihe um Travis McGee soll dieser ein Boot finden. Wie immer winkt ihm die Hälfte des Wertes des gesuchten Objekts als Finderlohn. Die Yacht gehört einem reichen Frührentner aus Florida, der es mit seiner Frau nun ganz mondän angehen lässt. Wie alle Figuren hat auch besagte Ehefrau eine interessante Vorgeschichte, die just in dem Moment wieder aktuell wird, in dem McGee in ihr Leben tritt.

Winslow, Isle of Joy (4/5)

Reif für die Insel

Bevor Don Winslow in entlegene Sphären schriftstellerischen Könnens aufstieg, schrieb er handwerlich saubere und ausgefeilte Thriller. Dazu gehört Isle auf Joy.

Huston, Deathlok (4/5)

Kaputter Kaputtmacher

Mit "Deathlok. The Demolisher" widmet sich mein Lieblingsautor Charlie Huston ein weiteres Mal einem Marvel-Helden. Die Geschichte spielt in einer nicht weit entfernten Zukunft, in der das Unterhaltungs-/Waffenunternehmen

MacDonald, The Scarlet Ruse (3/5)

Seltenheitswert

Hausbootbewohner Travis McGee ist nach einiger Abstinenz wieder als "Sachensucher" im Florida der 70er Jahre im Einsatz. Sein Freund Meyer vermittelt ihm den Auftrag eines Briefmarkenmaklers. Der Philatelist Fedderman vermutet, dass er betrogen worden sein könnte. Rasch wie so oft gerät McGee tief in die

Child, Never Go Back (5/5)

Romeo und Julia und Reacher


Herbst. Wie jeder weiß, hat diese Jahreszeit ungefähr 400 schöne Seiten. Denn immer im Herbst kommt Reacher. Und wenn Reacher kommt, fallen statt der Blätter Schurken. In „Never Go Back“ gelangt Reacher endlich, endlich, endlich ans Ziel seiner vier Romane dauernden Reise nach Virginia. Hier möchte er Major Susan Turner persönlich treffen. Weil seine Nachfolgerin als Kommandeurin der 110. ihm am Telefon so sympathisch war, hat Reacher keine Mühe gescheut, um den Weg von South Dakota nach Virginia zurückzulegen. Klingt wie die Überschrift nach Liebe, hat aber viel mehr zu bieten, gerade im Gewaltbereich.

Stephenson, Cryptonomicon (5/5)

Schlüsselroman

Neil Stephensons "Cryptonomicon" geht mit fast zwölhundert Seiten an die Grenzen der Fassbarkeit. Einmal, weil das Buch tatsächlich schwer zu halten ist. Andererseits, weil die geschilderten Szenen und Verstrickungen aus dem Zweiten Weltkrieg Abenteuer pur sind und Einblick in eine Welt gewähren, die sonst verborgen bleibt: die Welt der Ver- und vor allem der Entschlüsselung.
In zwei parallel zueinander erzählten Geschichten berichtet Stephenson von mehreren Kriegen, die Teile des Zweiten Weltkriegs waren. Der Krieg im Pazifik, der mit dem Angriff auf Pearl Harbor begann und dem Abwurf der Atombomben auf Japan endete, wird speziell mit Blick auf die Philippinen erzählt. Japaner gegen Amerikaner. Japaner gegen Zivilbevölkerung. Alle gegen die Grausamkeit des Dschungels. Der Krieg der U-Bootfahrer wird erzählt genauso wie der Krieg des Generals Douglas MacArthur. Am wichtigsten aber ist die Geschichte, die dem Roman das Gerüst bietet: Der Krieg der Verschlüsselungsexperten.

Die Geheimdienstleute der Alliierten rund um den, offensichtlich unter dem Asperger-Syndrom leidenden, Waterhouse konstruieren während ihres Krieges gegen die Achsenmächte die ersten Computer. Diese dienen keinem anderen Ziel als die Funksprüche der Feinde zu entschlüsseln. Erst sehr viel später gründen und verkaufen die Nachfahren von Waterhouse im Silicon Valley Soft- und Hardware Firmen wie andere Leute gebrauchte Kinderklamotten.
 
Die Verbindung zwischen den beiden Geschichten in den vierziger und neunziger Jahren ist das Gold, das die Japaner im Pazifik versteckten, bevor ihr Reich und ihre Herrschaftsansprüche atomisiert wurden.
 
Die mit Abstand besten Momente des Romans sind die Schilderungen der Erlebnisse des Soldaten Shaftoe. Er ist das Paradebeispiel des amerikanischen Marines. Wie in der Hymne der Marines war er von Guadalcanal bis Afrika und den weiteren Schlachten im Pazifik und der Nordsee an allem beteiligt, was ein Soldat nur sehen konnte. Besonders ein traumatisches Erlebnis vor einer Höhle auf Guadalcanal lässt Shaftoe, der ansonsten jedoch unendlich stoisch und leidensfähig ist, nie wieder los. Mit ihm zeichnnet Stephenson den Prototyp des Marine-Helden ohne dabei die Grenzen zu blindem Pathos und Lobhudelei auch nur zu streifen. Das glückt ihm, weil die lustigsten Episoden des Buches allesamt Shaftoe und dessen trockenem Heldentum zuzuschreiben sind. Ihm ähneln höchstens die Passagen zu Goto Dengo, einer Art japanischem Pendant zu ihm.

In vielen Verstrickungen und mit einem gerade noch so erträglichem Maß an Mathematik und Verschlüsselungstechnik erstehen die Probleme der Kryptographen hier wieder auf. Im Zusammenhang mit den aktuellen Enthüllungen zu den Spionageprogrammen der USA liest sich das Buch wie eine Einleitung. Natürlich will die NSA alles lesen können. Selbstverständlich stellt jedo Form der Codierung, die neu ist, eine Herausforderung dar: einerseits für Theoretiker und Entschlüsseler und andererseits für besorgte Politiker und Militärs.

Wenn an diesem kurzweiligen Roman irgendetwas abfällt, dann die Geschichte, die in den neunuziger Jahren spielt. Vielleicht hätte der Schinken so 400 Seiten schmaler werden können. Trotzdem, "Cryptonomicon" ist ein wunderbarer Roman für alle, die sich für eine neue Sicht auf den Zweiten Weltkrieg, die Frühgeschichte der Computer, die Philippinen und die Start-ups im Silicon Valley interessiert. Mit dem Protagonisten Waterhouse scheint Stephenson außerdem eine Vorlage für Sheldon Cooper aus der Fernsehserie Big Bang Theory geliefert zu haben.

  • Plot: Vieles im Verborgenen (5/5)
  • Action: Shaftoe zieht's durch (4/5)
  • Spannung: Mehr als eintausend Seiten mit "Wie geht's weiter?" (4/5)
  • Charaktere: Shaftoe, Waterhouse, Goto Dengo, America, der Dentist (5/5)
  • Humor: Trocken - sogar im tiefsten Dschungel (5/5)
  • PASCH: Kategorie Lieblingsbuch (5/5)

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Neal Stephenson, Cryptonnomicon
Verlag: Manhattan (1999) 
ISBN-10: 3442545293

Huston, Skinner (2/5)

Huston, Sie haben ein Problem

Charlie Huston ist für mich mit seiner Joe Pitt-Reihe (Already Dead (Joe Pitt)), der Hank Thompson-Trilogie (Caught Stealing: A Novel) und seinen alleinstehenden Romanen (v.a. The Mystic Arts of Erasing All Signs of Death: A Novel) einer der kreativsten Köpfe unter den aktuellen Action- und Thriller-Autoren. Mit seinem neuesten Roman "Skinner" bleibt er leider weit hinter meinen Erwartungen zurück. Die Geschichte ist nicht spannend. Und obwohl die Hintergründe von zwei der Protagonisten originell sind, bleiben die Charaktere erstaunlich flach. Doch gerade das war immer die Stärke von Huston.

In seiner Reise in aktuelle Geheimdienstverschwörungen und globale Verflechtungen von Cyberterroristen begegnet Skinner der "Roboterlady" Jae. Zusammen müssen sie auf der ganzen Welt Angreifern entkommen oder Räder in Bewegung setzen. Dabei werden sie natürlich verfolgt, haben Sex, werden verletzt und töten ihre Verfolger. Das erinnert in vielerlei Hinsicht an Dan Browns "Inferno: (Robert Langdon Book 4)". Dazu passt auch, dass das Thema des Buchs um das gleiche Motiv kreist: Überbevölkerung. Wie werden westliche Gesellschaften in Zukunft damit umgehen und welche "Lösungsvorschläge" kursieren in mysteriösen Zirkeln wie zum Beispiel bei der Bilderberg-Konferenz?



Leider ist die Geschichte vorhersehbar. Leider sind schrecklich viele Rechtschreibfehler (Jae wird mehrmals zu Joe) und Rechercheschwächen (der Imbissverkäufer in Köln fragt allen Ernstes: "Sie okay, fräulein?") zu finden. Was als aussichtsreiche Abrechnung mit der Ignoranz des Westens beginnt und die neuesten technischen Entwicklungen abzubilden scheint, endet als lauwarmer Aufguss von Klischees und einem überhaupt nicht überzeugenden Szenario in den Slums des Subkontinents.

Alles in allem scheint Huston hier wenig Zeit gehabt zu haben. Hoffentlich findet er in seinem nächsten Roman zurück zu seinen klasse Dialogen den vielen facettenreichen Charakteren und zu einer Handlung, die zumindest ein paar Wendungen hat. Skinner ist für mich leider eine Enttäuschung.

  • Plot: Wusste ich vorher. (2/5)
  • Action: Kenn ich schon. (3/5)
  • Spannung: Fand ich nicht. (2/5)
  • Charaktere: Nur der Hintergrund zweier Figuren ist spannend. (3/5)
  • Humor: Nicht lustig. (1/5)
  • PASCH: Sonst hohes Niveau, hier Griff ins Klo. (2/5)

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Charlie Huston, Skinner
Taschenbuch: 416 Seiten 
Verlag: Orion (August 2013) 
ISBN-10: 1409124371