Thrillerkolumne

Thriller ohne Leserstrahlen ist wie Spenser ohne Boston, Behr ohne Indianapolis, Reacher ohne Army, Rain ohne Judo, Parker ohne Plan, Bolitar ohne Win, Forsythe ohne Whisky, McGee ohne Florida, Hank ohne Baseball, Duffy ohne Beemer...

Hinein in den Sog (5/5)

Adrian McKinty, Dead I Well May Be (2009) [DEAD-Trilogie Teil 1]

Michael Forsyth flüchtet aus dem gewaltgezeichneten nord-irischen Belfast der frühen 90er Jahre in das gewaltgezeichnete New Yorker Harlem der frühen 90er Jahre. Anstatt im Konflikt zwischen Protestanten und Katholiken aufgerieben zu werden, der sich oft nur um einige Straßenzüge erstreckt, beginnt Michael eine irisch-amerikanische Verbrecherkarriere in einem Konflikt, der sich oft nur um einige Straßenecken erstreckt. Angekommen in Harlem macht der unehrenhaft entlassene Ex-Soldat den Fehler, eine Affäre mit der Freundin seines Bosses zu beginnen. Die perfide Rache des gehörnten Mafiosi schleudert Michael in eine Welt voll Schmerz und Leid.

Wer nach einem Viertel des Buches mit einer klassischen New Yorker Gangsterballade gerechnet hat, muss sich noch eine Zeitlang gedulden. Denn bevor es soweit ist, gerät Michael in den Schlund der Charybdis Mexiko. Wie der Taucher in Schillers gleichnamiger Ballade durchlebt Michael den Horror einer ihm fremden Welt. Die packend erzählte Geschichte seines Aufenthalts in Mexiko, den er nicht unbeschadet übersteht und der Wunsch nach Rache treiben die Geschichte unbarmherzig voran. Wohl selten war dieser Wunsch nach Rache nachvollziehbarer. Michael Forsyth wird quasi zum "Belfaster Ben Hur Harlems".

McKinty hat mit Michael Forsyth einen glaubwürdigen Protagonisten geschaffen. Die Zeichnung des New Yorker Stadtteils Harlem, bevor ein Ex-Präsident hier sein Büro bezog und Bürgermeister Giuliani die Stadt aufräumte, ist stimmig und schafft eine merkwürdig nostalgisch anmutende Atmosphäre der Brutalität und des Elends.

Wer abgehärtet-einzelgängerische Protagonisten mit einem Schuss Nachdenklichkeit mag und selbst in die Atmosphäre einer untergegangenen Welt Harlems eintauchen möchte, sollte sich an Reiseführer McKinty und den Auftakt seiner Dead-Trilogie halten. 5 Sterne!


  • Plot: Glaubwürdig von Belfast nach Harlem nach Mexiko (5/5)
  • Action: Autsch (5/5)
  • Spannung: Wird er es schaffen? (5/5)
  • Charaktere: Gute Schurken (5/5)
  • Humor: Wenn lustig, dann richtig. (5/5)
  • PASCH: (5/5)

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Adrian McKinty, Dead I Well May Be
Taschenbuch: 306 Seiten
Verlag: Profile Books (9. Juli 2009)
ISBN-10: 1846686997


Harveys Problem heißt Hawk (4/5)

Robert B. Parker, Promised Land (1976)


Privatdetektiv Spenser soll die Frau von Harvey finden. Die hat nach zweiundzwanzig Jahren Reißaus genommen.

Unabhängig davon hat Harvey Ärger mit Powers. Powers verdient sein Geld mit Geldverleihen. Für Powers wiederum arbeitet Hawk. Weil Harvey seine Schulden bei Powers nicht bezahlen kann, klopft Hawk, übrigens ein alter Sportsfreund von Spenser, Harvey weich. Währenddessen sucht die Frau von Harvey Unterschlupf bei einem feministischen Gangsterduo, das damit zum Trio wird. Eine Bank wird ausgeraubt, ein Wachmann erschossen. Und mittendrin steckt Spenser, der gleichzeitig seine Beziehung zu Susan Silverman auf eine neue Ebene bringen möchte. Wir sehen, der Plot verspricht verzwickt zu werden.

Zwischendurch muss Spenser Leute verhauen, Pläne schmieden, seine Waffe ziehen, Spaghetti kochen und lustige Sprüche vom Stapel lassen. Sein alter Kumpel Hawk verspricht in den nächsten Folgen der Reihe mehr und mehr zum Endgegner aufgebaut zu werden.

Woran man eigentlich merkt, dass der Krimi im Boston der siebziger Jahre spielt? Eigentlich nur an den ausgeflippten Klamotten und den alten Autos, die Autor Robert B. Parker wie gewohnt lakonisch beschreibt. Fazit: ein klassischer Bostoner Detektivroman mit viel Humor, jeder Menge Action und leckeren Kochrezepten.

  • Plot: verzwickt doch nie unübersichtlich (5/5)
  • Action: Haue für die Bösen (4/5)
  • Spannung: weder fingernagelzerstörend noch hektisch (3/5)
  • Charaktere: Hawk, die harte Nuss trifft Harvey mit dem weichen Keks (5/5)
  • Humor: Höhepunkt: Mobbing auf dem Revier: Clyde Klaus (4/5)
  • PASCH: (4/5)

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Robert B. Parker, Promised Land (1976)
Taschenbuch: 224 Seiten
Verlag: Dell; Auflage: Reissue (5. Dezember 1992)
ISBN-10: 0440171970


Reacher nach Rezept (4/5)

Lee Child, The Affair (2011)


In Folge 16 der Reacher-Reihe erfahren wir, warum Jack Reacher die Army verließ und sein Leben als, seien wir ehrlich, Landstreicher begann. Wir befinden uns im Jahr 1997 und der smarte Totschläger mit der Lizenz zum Kopfnussverteilen ist noch immer als Militärpolizist bei Onkel Sam angestellt.

Wer andere Teile der Serie gelesen hat, kennt Reachers merkwürdige Eigenarten. Einige davon entwickelt er in diesem Prequel. Er entdeckt, wie es ist, mit dem Bus durchs Land zu fahren. Er will uns glauben machen, dass man keine Zahnpasta braucht oder ein zweites Paar Socken oder anderen Besitz, weil das alles am Ende nur dazu führt, dass man einen Koffer kauft, einen Schrank, ein Haus und einen Garten. Und dann bist du tot. Ums Sterben geht's natürlich auch in dem Auftrag, den Reacher von seinem Vorgesetzten (alter Bekannter: Garber) erhält. Die Mission führt Reacher als eine Art verdeckter Ermittler nach Mississippi.

Im ärmsten aller Südstaaten angekommen, entwickelt sich eine klassische Reacher-Story. Lee Child hat uns die letzten 15 Jahre gekonnt an seinen Schreibstil herangeführt und oft bewiesen, dass er der Meister der lakonischen Dialoge und ausgetüftelten Plots ist. Im ersten Drittel des Buches (nachmittags) hätte ich mich am liebsten genauso weit weggeschmissen wie Reacher es mit seinen Feinden zu tun pflegt. Die Gespräche mit Garber sind Gold wert.

Die Erwartung an die neue Episode hat bestimmt mit dazu beigetragen, dass ich zunächst einige Schwächen ignoriert habe. Keine Frage: Hier haben wir es mit einem klassischen Reacher zu tun. Es ist genauso, wie man es sich wünscht. Aber so ist es auch, wenn man seinen Lieblingskuchen nur einmal im Jahr essen darf. Man freut sich und genießt es. Es ist auch nicht schlimm, dass es immer das gleiche Rezept ist, nach dem der Kuchen gebacken wird. Doch mittlerweile muss sich jeder neue Reacher-Roman mit seinen Vorgängern messen lassen, von denen es zwangsläufig immer mehr gibt. Und da liegt das Problem.

Die Ermittlungen kommen am Anfang nur schleppend voran (abends). Der Kreis der Verdächtigen ist für meinen Geschmack zu klein. Es fehlt, mal wieder, ein richtiger Gegner. Weit und breit ist niemand zu finden, der Reacher vor wirkliche Probleme stellen könnte. Die Morde sind nicht besonders rätselhaft und wirkliche Wendungen sucht man auch vergebens. Noch heute erinnere ich mich an die vertrackten Plots aus "One Shot" (One Shot. (Bantam Press Jack Reacher Novel)) oder die überraschende Wendung in "Gone Tomorrow" (Gone Tomorrow: A Reacher Novel (Jack Reacher Novels)). Es fehlt die große Verschwörung wie in "Nothing to Lose" (Nothing To Lose (Jack Reacher)) und die dramatische Todesart wie in "Running Blind" (Running Blind: A Jack Reacher novel). Deshalb darf es auch diesmal keinen fünften Stern geben (Das hat natürlich nichts mit der Entscheidung zu tun, dass Tom Cruise den Jack Reacher in der Verfilmung spielen wird...).

Im letzten Drittel des Buches (nachts) steht dann schon früh fest, wer der Mörder ist und was sein Motiv war. Kurz vor Schluss (früher Morgen) wird dann der wahre Grund für Reachers Abschied aus der Army offenbart. Als ich "The Affair" morgens zuklappte, wusste ich mehr von Reacher und war einmal mehr Zeuge einiger elaborierter Kopfnüsse geworden. Und natürlich war ich traurig, dass ich jetzt wieder ein Jahr auf den nächsten Teil warten muss. 

  • Plot: Besser als die beiden Vorgänger. (4/5)
  • Action: Kurz und schmerzvoll (4/5)
  • Spannung: (4/5)
  • Charaktere: Reacher, Garber, Deveraux (5/5)
  • Humor: Grob und schwarz (5/5)
  • PASCH: (4/5)

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Lee Child, The Affair.
Gebundene Ausgabe: 416 Seiten
Verlag: Delacorte Press (27. September 2011)
ISBN-10: 0385344325


Vom eleganten Profikiller zur ungelenken Hebamme (3/5)

Barry Eisler, The Detachment (2011)


Auch noch im hohen Alter schickt John Rain Menschen ins Nirwana. Aus dem rigorosen Einzelgänger ist ein nostalgischer Teamplayer geworden. Rains Mannen haben den Auftrag, einflussreiche Männer möglichst geräuschlos abtreten und das Ganze wie einen Unfall aussehen zu lassen. Kennt man ja. Leider ist "The Detachment" ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Beliebigkeit und Austauschbarkeit der Romane Barry Eislers. In diesem neuesten Rain-Roman hat der Judoka und Halbjapaner John in erster Linie den Auftrag, den Charakter Ben Traven endlich in die Erfolgsspur zu schicken. Die Glaubwürdigkeit, die diesem bislang fehlte, soll ihm nun vom Meister des mörderischen Handwerks übertragen werden. Leider geht das daneben.

Die Geschichte wirkt verkrampft. Die Bestandteile eines spannenden Thrillers sind alle da: aber nur auf den ersten Blick. John Rain war schon immer perfekt. Hier gibt es aber zu viele Perfekte. Das Zusammenspiel mit dem nonchalanten Dox, dem Heißsporn Ben Traven und dem Dämon Larison lässt die Protagonisten wie Charaktere aus einem Comic oder Computerspiel erscheinen: Aber nur, wenn der Comic in Holz geschnitzt und das Computerspiel aus dem Jahr 1975 stammt. Jeder hat seine Superfähigkeit, einer abgebrühter als der andere.Außerdem scheint es, als würde im Laufe der Karriere von Eisler alles immer mehr darauf hinauslaufen, politische und moralische Botschaften zu vermitteln. Das ist ja durchaus legitim. Eisler geht aber immer mehr zur Holzhammermethode über, was ganz schön nerven kann. "The Detachment" wirkt wie das Buch von Jemandem, der glaubt, ein perfektes Rezept für einen Serienhelden zu haben und der meint, er sei der Erste, der eine ernsthafte Botschaft durch Belletristik vermittelt. Als würde er sich an eine Bauanleitung halten, wirken dann auch die Dialoge, in denen etwa "Paris is a Bitch" und die "Lost Coast" (beides Romane von Eisler: Paris Is A Bitch -- A Rain/Delilah Short Story, The Lost Coast -- A Larison Short Story) namentlich erscheinen. Das ist billig und leider auch dumm. Der Verweis hätte durchaus anspruchsvoller ausfallen können. Eisler gelingt es meiner Meinung nach nicht, zum hohen Niveau der ersten Romane zurückzukehren. Wenn er seine Geschichten im Geheimdienstmilieu der von ihm erdachten Welt spielen lassen will, kann er das gerne tun. Wenn aber jemand einen Roman schreibt, der in einer Serie von mehreren stehen soll (oder sogar mehrere Thriller-Serien zusammenführt), hat er meiner Meinung nach zwei Möglichkeiten. Entweder schreibt er die Geschichte so, dass sie a) auch ohne Rekurs auf die Vorgänger verständlich ist (Richard Stark kann das: Hunter: A Parker Novel (Parker Novels) und Lee Child sowieso: One Shot. (Bantam Press Jack Reacher Novel)) oder er findet b) einen harmonischen Weg, die Vorgeschichte in das Geschehen einzuflechten (Charlie Huston macht das andauernd: Half the Blood of Brooklyn (A Joe Pitt Novel)). Eisler aber hat sich für c) entschieden. Die Protagonisten erwähnen die Titel vorangegangener Romane wörtlich in ihren Unterhaltungen, gehen aber nicht wirklich darauf ein. Es ist aber nicht klar, warum sie das tun und in welchem Zusammenhang diese Vorgänger mit "The Detachment" stehen, außer dass einige der Protagonisten auch dort auftauchen. Das wirkt unbeholfen.
Auch wenn sich Eisler am Ende des Buchs für die Hilfe bei den deutschen Stellen bedankt: Bei den deutschen Namen (ein Teil der Story spielt in Wien) gibt es ein paar Fehler, die Perfektionist Rain bestimmt nicht gefallen würden. Ich möchte aber gar nicht alles schlechtreden. Die Hintergründe sind ausgezeichnet recherchiert und das Terrorszenario, das Eisler hier präsentiert, wirkt so beklemmend realistisch, dass einem Angst und Bange wird. Der Plot hingegen kann da nicht mithalten - aber gerade das war doch früher genau die Stärke von Eisler! Hier ist die Storyline zu Nebensache geraten, die nur das Fundament für Eislers Botschaft liefert.Fazit: Der Roman vermittelt deutlich das Anliegen von Barry Eisler. Aber es ist kein spannender Thriller. Gut bedient ist mit "The Detachment" jeder, der sich einen aktuellen Überblick über die (tatsächlichen?) Machenschaften vieler verschiedener internationaler Geheimdienste verschaffen möchte und deren Strukturen ein bisschen besser verstehen mögen. Ansonsten ist "The Detachment" hauptsächlich dazu gedacht, Credibility von John Rain auf Ben Traven zu übertragen.
Dox ist zu cool. Traven ist zu heißblütig. Larison ist zu böse. Und obwohl er schon immer gerne als Schatten agierte: John Rain ist hier nur noch ein Schatten seiner selbst. In den ersten Romanen war es noch faszinierend, wenn das Gute in ihm zum Vorschein kam; wenn die harte Schale dank der Witze von Dox ein paar Risse bekam. Heute aber wirkt er zu sensibel, zu nostalgisch, zu rücksichtsvoll und leider nicht mehr wie er selbst. Wenn John Rain im nächsten Roman von Barry Eisler seine Gegner im Altersheim mit speziellen Rollstuhl-Gimmicks ausschaltet, bin ich nicht mehr dabei. 

  • Plot: nicht fesselnd (3/5)
  • Action: reichlich, aber holzschnittartig (3/5)
  • Spannung: kommt selten auf (3/5)
  • Charaktere: Plastik (2/5)
  • Humor: stellenweise (unfreiwillig?) (3/5)
  • PASCH: 3/5



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Barry Eisler, The Detachment
Taschenbuch: 324 Seiten
Verlag: Thomas & Mercer (18. Oktober 2011)
ISBN-10: 1612181554

Gefährdete Gefährten (5/5)

Dan Simmons, Hyperion (1989)


Der uralte Kult um ein mythisches Wesen auf dem Planeten Hyperion ist die Hintergrundstory für diese Weltraumoper von Dan Simmons. Eigentlich ist der Roman die Aneinanderreihung von verschiedenen Lebensgeschichten, die alle mit dem Wesen namens Shrike auf Hyperion zusammenhängen. Erzählt werden sie von den unterschiedlichen Pilgern, die sich auf dem beschwerlichen Weg nach Endymion, der Hauptstadt des Planeten Hyperion befinden. Jede Story ist für sich genommen ein Einblick in das Universum, das Simmons dadurch dem Leser stückchen- und scheibchenweise näherbringt. Dass das mit den Stückchen und Scheibchen recht wörtlich gemeint ist, liegt am Shrike, von dem keiner so richtig weiß, was er/es eigentlich sein soll.

Die Erzählungen der Pilger reichen von der fesselnden des Kriegers Fedmahn Kassad (Rambo im Weltall) über die intellektuell anregende des Poeten Martin Silenus über die herzzerreißende des Gelehrten Sol Weintraub und die glaubenserschütternde des Katholiken Lenar Hoyt und umspannen damit so ziemlich jede Facette menschlicher Kultur im 28. Jahrhundert - so viel hat sich also nicht verändert. Hinzu kommen die Schilderungen der anderen Pilger, von der mir besonders die der Privatdetektivin Brawne Lamia gefallen hat. Ihre Geschichte ist ein gutes Beispiel für die Weise, in der Simmons die Hintergründe der Reise darstellt. Mit vielen Anleihen und Verweisen auf Raymond Chandlers "The Long Goodbye" (The Long Goodbye (Vintage Crime/Black Lizard)) beweist Simmons zum einen seine chamäleonhaften Fähigkeiten als Schriftsteller. Sprache und Stil wechseln in jeder der Einzelgeschichten. Zum anderen kann Simmons so zwischen verschiedenen Stilen hin- und herwechseln, um damit den Protagonisten nicht nur durch seine Erläuterungen Leben einzuhauchen sondern auch durch die Art der Darstellung. In hoher Geschwindigkeit, brutal und schlagfertig deckt die Ermittlerin Lamia Hintergründe der eigentlichen Rahmenhandlung auf. Obwohl dieser Rahmen nur zwischen den Erzählungen der Pilger vorangetrieben wird, erfährt man immer mehr von dem, was sie am Ziel ihrer Reise erwarten wird.

Dank der gut voneinander getrennten Teilgeschichten, die trotzdem vereinende Merkmale haben, lernt man das Hyperion-Universum immer besser kennen. Die Temperatur des Wassers, in das man am Anfang geschmissen wurde, beginnt sich nach einigen Dutzend Seiten deutlich zu erwärmen. Und auch wenn einiges unklar bleibt, sorgen vielen atmosphärisch dichten Schilderungen der Untaten des Shrike und der rätselhaften Time Tombs für einen gemeinsamen Kern der Geschichte.

Die wahrscheinlich größte Auszeichnung für Hyperion ist, dass es auch fast 23 Jahre nach Erscheinen noch immer aktuell erscheint. The "Big Mistake" von Kiew etwa (also der Vorfall, der zum Verschwinden der Erde geführt hatte) verweist schließlich gruselig auf die verschrobensten Verschwörungstheorien rund um CERN. Sich den tiefergehenden Aspekten (Religion, Poesie, Ethik, Krieg etc.) zu widmen, denen sich Simmons durch die Augen der einzelnen Fachleute in diesen Bereichen nährt, wird dadurch erleichtert, dass sie versprechen, mehr Einsichten in diesen vermaledeiten Shrike-Kult zu erhalten. Die literarische Hinterlassenschaft von John Keats (warum nicht mal kostenlos reinschnuppern? 17 Gedichte von des englischen Romantikers aus dem "Club 25") ist ein weiterer der vielen zu hebenden Schätze in diesem Science-Fiction-Meisterwerk, das der Auftakt (es folgen: The Fall of Hyperion (Hyperion Cantos), Endymion. und Rise of Endymion (Hyperion Cantos)) zu einer der klassischen Weltraum-Sagen des 20. Jahrhunderts ist. 

  • Plot: 5/5
  • Spannung: 4/5
  • Action: 4/5
  • Abwechslung 5/5
  • FAZIT: 5/5

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Dan Simmons, Hyperion
Taschenbuch: 496 Seiten
Verlag: Spectra; Auflage: Reissue (1. Februar 1990)
ISBN-10: 0553283685

Crime and National Pastime (4/5)

Robert B. Parker, Mortal Stakes (1975)


Im dritten Teil der Spenser-Saga dreht der liebenswerte Privatschnüffler aus Boston so richtig auf. Reihenweise verführt er die Frauen, er offenbart seine dunkle Seite, exekutiert zwei Mafiosis und vertrimmt einen Tae Kwon Do-Kämpfer.

Der Plot ist dieses Mal eng mit des Amerikaners liebster Freizeitbeschäftigung verbunden: Baseball. Mit seinem Einsatz im Milieu der Red Sox schien Spenser schon einmal ein frühes Vorbild für den guten Myron Bolitar zu liefern. Der löst zwar erst ein Vierteljahrhundert später seinen ersten Baseball-Fall (The Final Detail (Myron Bolitar)). Es macht aber Spaß, die Parallelen zu entdecken. Würde Win von Spenser eigentlich genauso übel Haue bekommen?

Zurück zur Story: Einem All-American-Baseball-Star unterlaufen hin und wieder unerklärliche Fehler. Der Manager seines Teams beauftragt Spenser damit, herauszufinden, ob Spiele verschoben werden. Spenser, der sich als Autor tarnt, kommt den Spielern und der Familie des Stars näher. Auf der Suche nach Ungereimtheiten wirbelt der Mann mit dem einarmigen Liegestütz allerhand Staub auf. Bostoner Gangster, ein New Yorker Pimp und die Puffmutter eines Edel-Etablissements werden befragt und von Spensers großer Klappe sichtlich zermürbt.

Nebenbei spielen auch weiterhin Frauen, Sport und gutes Essen zentrale Rollen in Spensers Leben, sodass man sich am Ende fragt, wie Robert B. Parker es jedes Mal schafft, das alles unter einen Hut zu bringen. Den einzigen Sterne Abzug gibt es von mir für den Mangel an wirklicher Herausforderung. Wieder einmal wirkt Spenser ein bisschen zu cool, fast Reacheresque (Killing Floor (Jack Reacher)). Obwohl: Als er im Verhalten des Baseballspielers erkennt, dass dieser droht daran zu zerbrechen, zwei Moralsysteme (Fair Play/Baseball und Familie) gleichzeitig aufrechthalten zu wollen, beginnt es auch in Spenser zu arbeiten. Die folgenden Fälle versprechen tieferen Einblick. 

  • Spannung: 4/5
  • Action: 3/5
  • Humor: 5/5
  • Plot: 4/5
  • FAZIT: 4/5

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Robert B. Parker, Mortal Stakes
Taschenbuch: 336 Seiten
Verlag: Dell; Auflage: Reissue (1. Mai 1987)

ISBN-10: 0440157587

Roberto, der Rächer (4/5)

Elmore Leonard, Valdez Is Coming (1970)


Weil er zur falschen Zeit am falschen Ort war, musste Valdez einen Mann töten. Weil er die schwangere Gefährtin des Getöteten nicht hilflos alleinlassen möchte, appelliert er an den Gerechtigkeitssinn eines harten Mannes. Doch dem gehen die Dollars nicht leicht von der Hand.

Mehr als vierzig Jahre ist es her, dass Elmore Leonard den ängstlichen Hilfssheriff mit Stehkragen und Migrationshintergrund Roberto "Bob" Valdez zum einsamen Gerechten werden ließ. Immer wieder kämpft Valdez mit sich selbst, wenn er versucht, sein Anliegen konkret zu formulieren. Er ahnt, dass der schwangeren Indianerin Unrecht geschehen ist. Er vermutet, dass ein Gericht das wohl auch so sehen könnte. Er ist sicher, dass alle Beteiligten ihren Teil dazu beitragen müssen, der Frau und ihrem ungeborenen Kind Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Gerade in der Unsicherheit und den Problemen sich auszudrücken, liegt die Tiefe des Bob Valdez. Obwohl er nicht genau beschreiben kann, warum der Frau nun 500 Dollar zustehen, gibt er nicht auf, das Geld unter Lebensgefahr einzufordern.

Sein Gewissen zwingt Valdez, auf Gerechtigkeit zu drängen. Auch nachdem er zweimal scheitert und dabei fast stirbt, verfolgt er weiter sein Ziel. Erst wird Valdez von allen unterschätzt. Doch immer wenn seine Feinde das erkennen, ist es für sie zu spät.

Leonards Valdez erinnert an den originalen John Rambo aus David Morrells First Blood (1972). In der Figur des wortkargen Valdez drückt sich das Gefühl des unterdrückten Underdogs aus. Denn der weiß einfach immer, was eigentlich richtig ist. Als Valdez, der stets unterschätzt wurde, seinen Zweck findet, kann ihn nichts mehr von seinem Ziel abbringen. Hartnäckig und gekonnt (auch hier die Parallele zu Rambo, dem Veteranen, der wie ein Indianer kämpft) setzt er sich, scheinbar schmerzfrei, gegen alle Gangster durch.

Die gewohnt lakonische Schilderung eines Leonardschen Helden spiegeln sowohl die Hartnäckigkeit und Direktheit des Protagonisten als auch von dessen ebenso querköpfigen Gegenspieler Tanner wider. Die mexikanische Herkunft hat Valdez stur, die Misshandlungen durch seine Feinde entschlossen, sein Nachdenken über den heiligen Franz von Assisi weise und die Erfahrungen im Kampf gegen die Apachen hart gemacht. Dass es eigentlich Valdez war, der denn Mann am Anfang erschossen hat, vergessen nicht nur die Leser, sondern scheinbar auch alle anderen. Nun geht es nur noch um das Geld, das Tanner hat und von dem Valdez sicher ist, dass es jemand anderem zusteht.

  • Spannung: Wann explodiert er? (4/5)
  • Action: Wann zieht wer? (4/5)
  • Charaktere: Wer ist hier der Boss? (5/5)
  • Plot: Was ist der direkte Weg? (4/5)
  • FAZIT: Alles Western, oder was? (4/5)

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Elmore Leonard, Valdez Is Coming (1970)
Taschenbuch: 208 Seiten
Verlag: Orion Paperbacks; Auflage: New Ed (24. März 2005)
ISBN-10: 0752864491

The Power of the Dog ARCADE (4/5)

Don Winslow, Savages (2011)


Castor und Pollux im 21. Jahrhundert: Ben und Chon sind zwei alte Buddies, die die Coolness mit Löffeln gefressen haben. Beide spielen gerne Volleyball, bauen das beste Gras aller Zeiten an und haben eine schöne Zeit in Kalifornien. Bis eines Tages ein mexikanisches Drogenkartell per Videobotschaft (der Vorschlag der Mexikaner wird per Abschlagen einiger Köpfe untermauert) deutlich macht, dass die Zeiten von mittelständischen Haschunternehmern vorbei sind.

Don Winslows "Savages" ist ein Nebenkriegsplatz und ein Blick auf die Folgen der Zusammenhänge, die der gleiche Autor in "The Power of the Dog" (The Power of the Dog. (Arrow)) beschrieben hat. Ab und an werden komplexe Computerspiele noch einmal als Arcade-Version herausgegeben. Diese abgespeckten und actionlastigen Fassungen bauen auf den Geschehnissen des Originals auf, jedoch muss man meist nicht so viele kniffelige Rätsel lösen. Das Gleiche gilt auch hier. "The Power of the Dog" war auf seine Art hervorragend, weil es gut recherchiert, mit extensiven Beschreibungen aufwartete und deshalb so realistisch wirkte. Der Plot in "Savages" knüpft in vielerlei Hinsicht an die Strukturen und Geschichten der mexikanischen Drogen- und Drogenlieferantenkartelle an, die Winslow in "The Power of the Dog" beschrieb (auf einige Storybestandteile wird sogar durch den geschmierten Cop verwiesen). Dabei ist es jedoch noch schneller, ein bisschen weiter hergeholt und leider auch etwas vorhersehbar. Die leichten Mankos in der Storyline werden aber mehr als wettgemacht durch den Stil des Romans.

Einen Eindruck von der Geschwindigkeit des Buches gibt das erste Kapitel, das ich hier (Achtung Spoiler) komplett wiedergebe: "Fuck you." Und in dem Tempo geht es weiter. Ex-Navy-Seal Chon, Philanthrop Ben und It-Girl O. schmeißen mit popkulturellen Querverweisen um sich wie sonst nur lateinamerikanische Auftragskiller mit Splittergranaten. Als die drogenanbauenden "Drei ???" auf dem Buddha-Trip jedoch in die Schusslinie von Elene la Reina geraten, ist erstmal Schluss mit lustig. Chon aktiviert seine in I-Rock-and-Roll und Stanland erworbenen Killerfähigkeiten und diverse Computercracks und geschmierte Cops helfen bei den Problemen, die da so anstehen. Wem "The Power of the Dog" gefallen hat, wer Winslows Kalifornienschilderungen mag, wem holzschnittartige Figuren nicht gleich die Laune verhageln und wer einen schnellen und fesselnden Thriller ohne Schnörkel lesen möchte, kann hier getrost zuschlagen.


  • Action: 5/5
  • Romantik 5/5
  • Plot: 3/5
  • Spannung: 4/5
  • FAZIT: 4/5
P.S.: Die vielversprechend aussehende Verfilmung von Savages kommt noch 2012 in die Kinos. Regisseur ist Oliver Stone.
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Taschenbuch: 302 Seiten
Verlag: Random House UK (1. September 2011)
ISBN-10: 0099556308

Alles Karma, oder was? (4/5)

James Clavell, Shogun. A Novel of Japan (1975)

 

James Clavells Shogun ist die Saga zum Japan der Frühen Neuzeit. Der detailreiche Roman zur Reise des englischen Piloten Blackthorne, der sich im Jahr 1600 aufmacht, auf einem holländischen Schiff Japan zu besuchen, ist schlichtweg episch.

Da ist zunächst die Länge des Romans. Deutlich mehr als eintausend Seiten sprechen eine deutliche Sprache. Längen bleiben da nicht aus. Aber dadurch wird die Lektüre passenderweise zu einem fast schon zeremoniellen Lesegenuss. Und obgleich niemand den Roman in einem Rutsch lesen kann, sollte man nicht allzu viel Zeit zwischen den einzelnen Sessions lassen. Denn die Geschichte ist verzweigt und bietet viele verschiedene Ebenen. Da sind die Romanze und die persönliche Fehde, der Konflikt zwischen den christlichen Konfessionen und den europäischen Feinden, das permanente Gerangel um die Macht und das bunte Sitten- und Moralgemälde Japans, das dem Ganzen einen detaillierten Hintergrund liefert.

Episch ist der Roman auch weil er ausschweift und trotzdem immer wieder an Begebenheiten und Nebenstränge der Story anknüpft. Spannende und brutale Sequenzen wechseln sich mit romantischen und sinnlichen Schilderungen ab. Und immer dient die Sicht des europäischen Barbaren auf die Sitten im Land der Götter dazu, die Andersartigkeit der japanischen Kultur im Vergleich zu Europa darzustellen.

Dass der dreckige Blackthorne den zivilisierten Japanern aber dennoch Einiges beibringen kann, hat er ja schon dadurch bewiesen, dass er den Weg zu ihnen gefunden hat und nicht andersherum. Besonders in militärischen Aspekten quetschen die wissbegierigen Japaner Blackthorne fortan aus wie die sprichwörtliche Zitrone.

Clavells Roman hat auch seine Fehler, habe ich gehört. Er beruht auf einer wahren Begebenheit, nutzt aber verfremdete Namen (Toranaga ist natürlich Tokugawa). Obwohl Blackthorne Japanisch lernen soll, sei das Japanisch im Roman an kaum einer Stelle korrekt, habe ich gelesen. Solcher Kritik könnte man entgegenhalten, dass mittlerweile Generationen von Liebhabern historischer Romane und japanischer Kultur auf Shogun schwören. Man könnte auf die vielen schönen Lesestunden verweisen, den die Geschichte und der Plot beim Lesen bereiten oder auf die grandiose Abenteuergeschichte in einer fremden Welt, die der dreckige Europäer bestehen muss. Man könnte auch entgegnen, dass Fantasy-Romane wie Der Herr der Ringe oder John Carter noch sehr viel weniger real sind und trotzdem unterhalten. Die schönste Antwort lernt man aber bei der Lektüre von Shogun kennen: So sorry. It's all karma, neh?
  • Action: Teilweise heftig (4/5)
  • Spannung: In großen Bahnen denken (3/5)
  • Plot: In Verzwicktheit schwelgen (5/5)
  • Romantik: Oohhh! (5/5)
  • Fazit: Lesen? Ja(pan) (4/5)
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James Clavell, Shogun. A Novel of Japan
Gebundene Ausgabe: 808 Seiten
Verlag: Macmillan Pub Co; Auflage: First Edition (Juni 1975)

ISBN-10: 0689105657

"Spenser's the name" (4/5)

Robert B. Parker, Painted Ladies (2010)


Spenser wird angeheuert, um einen Kunsthistoriker zu beschützen. Das geht daneben. Doch weil niemand das Recht hat, so einfach das Ego des Bostoner Meisterdetektivs zu besudeln, verbeißt sich eben jener in die Aufklärung des Falles. Und dieser Fall führt wie so oft schnell vom Hundertsten in Tausendste.

Wie fast immer ist Spenser Schnittstelle zwischen der Welt des Verbrechens, der Wissenschaft und der Schönen Künste. Er ermittelt an der Uni, muss sich aber auch gegen Profikiller zu Wehr setzen. Dabei helfen ihm seine Kontakte zur Bostoner Polizei, zu ehemaligen FBI-Agenten und, dieses Mal, auch die Eltern des Spielpartners seines Hundes Pearl.

Warum liest man Spenser Krimis? Wegen Spensers Sprüchen:

"Spenser's the name," I said. "Law and order's the game."

"I have taken more from whiskey than whiskey has ever taken from me."

"One of the collateral benefits of having someone try to kill you is that it makes you alert...unless they succeed."

"Everybody talks about the weather, but nobody does anything about it."

"He was one of the two best I knew. If it weren't that I had the edge in charm and physical beauty, he'd have been as good as I was."

Ja. Robert B. Parker ist tot. Aber eben auch nicht.

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Robert B. Parker: Painted Ladies
Taschenbuch: 304 Seiten
Verlag: Berkley; Auflage: Reprint (6. September 2011)
ISBN-10: 0425243621

OrthoDox (2/5)

Barry Eisler, The Khmer Kill (2012)


Der sympathischste Charakter des immer größer werdenden Barry Eisler-Universums, Dox, erhält in "The Khmer Kill" seine erste eigene Hauptrolle. Der texanische Scharfschütze mit dem breiten Akzent und dem großen Herz für die Damenwelt (es müssen nicht immer echte Damen sein: vgl. Rain Storm: John Rain Series, Book 3 (John Rain Thrillers)) soll in Kambodschas Hauptstadt einen vermeintlichen Kinderschänder ermorden. Den Auftrag erteilte ihm ein relativ obskurer, aber dennoch voll von sich überzeugter Landsmann von Dox. Als Hintergrundgeschichten werden Prostitution, die Geschichte Kambodschas, Menschenhandel und die Gräueltaten der Roten Khmer, vor allem aber der Untergang des Imperiums der USA aufgeboten.

Der Blogger, Anti-Folter-Aktivist und Asienliebhaber Barry Eisler hat eine politische Agenda. Diese politische Agenda tauchte in allen Romanen auf (Besonders beim letzten Auftritt von John Rain in The Detachment (John Rain Thrillers), der mehr einer Superheldenverfilmung ähnelt als einem guten Actionthriller. Das Gleiche gilt eh für alle Auftritte von Ben Traven, der auch in "The Detachment" dabei war und in Fault Line: A Novel und Inside Out: A Novel. Und auch die Kurzgeschichten (The Lost Coast -- A Larison Short Story und Paris Is A Bitch -- A Rain/Delilah Short Story) haben stets einen aufklärerischen Kern. Mal mehr, mal weniger.

Barry Eisler ist verärgert über die amerikanische Politik, sowohl im Inneren als im Äußeren. Er schimpft über den zunehmenden Einfluss großer Rüstungsfirmen, die Beliebigkeit, mit der Drohnen eingesetzt werden, um Feinde im Ausland zu töten, Folter, Verfassungsbruch und vieles mehr. Im Verlauf der letzten Werke nimmt die poltische Einstellung Eisler immer mehr Raum ein. Eislers Verärgerung ist nachvollziehbar, seine Agenda deutlich. Er möchte die Menschen von den illegalen Machenschaften der US-Geheimdienste informieren. Leider gelingt ihm das nicht, ohne dabei auf die Spannung und die Action seiner frühen Romane zu verzichten. Die Dialoge und auch die Gedanken von Dox sind immer belehrend. Dox ist eh der Cleverste, weil er ja der einzige ist, der sich dümmer stellen kann, als er eigentlich ist. Gähn. Das war doch schon vor drei Romanen nicht mehr neu. Warum entwickelt der sich nicht? Hier also der gute Dox (der im Vorbeigehen nur mal so drei Kambodschaner tötet, die ihm so halb in die Quere kommen), dem kein Gegner auch nur annähernd gewachsen scheint (hat er hier überhaupt einen?). Dort der verschlagene Auftraggeber, der lügt, betrügt und intrigiert; letztendlich aber doch ins Schwitzen kommt. Wer hätte es geahnt?

Da wird der Plot schnell zum Firnis. Kurzgeschichten sollten doch eigentlich sehr verdichtet und mit vielen Anspielungen versehen, den Leser fesseln, oder? Sollten sie nicht nur die Spitze des Eisbergs sein? Bei Eisler ist es nicht mehr die Spitze, die er in seiner Story präsentiert. Er macht sich auf, gleich den ganzen Eisberg mit voller Wucht zu rammen. Dabei gehen Spannung, Action und Humor, für die Eislers Plots und Charaktere ursprünglich standen, unter. Als Eisler Dox ursprünglich vorstellte stand dessen Name als Abkürzung für Unorthodox. Als ich "Khmer Kill" fertig gelesen hatte, wusste ich, dass nun auch Dox zum Priester der orthodoxen Lehre des Barry Eislers geworden ist. Langweilig.

  • Action: Versteckt (2/5)
  • Spannung: Kaum vorhanden (2/5)
  • Plot: Vorhersehbar (2/5)
  • Romantik: Verkuschelt (3/5)
  • Fazit: Vergeudet (2/5)

P.S.: Es geht auch anders. Josh Bazell verfolgt ähnlich viele politische Ziele mit seinen Romanen. Doch trotzdem schafft er es, diese Ziele gut mit seinen Geschichten zu verflechten: Beat the Reaper: A Novel und Wild Thing: A Novel

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Barry Eisler: The Khmer Kill
E-Book: ca. 15.000 Wörter
Verlag: Thomas & Mercer (31. Mai 2012)

Asin: B008674IA2