Thrillerkolumne

Thriller ohne Leserstrahlen ist wie Spenser ohne Boston, Behr ohne Indianapolis, Reacher ohne Army, Rain ohne Judo, Parker ohne Plan, Bolitar ohne Win, Forsythe ohne Whisky, McGee ohne Florida, Hank ohne Baseball, Duffy ohne Beemer...
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Strange und Quinn (5/5)

George Pelecanos, Right as Rain (2002)

Vor langer Zeit war Derek Strange Polizist. In seiner Heimatstadt, Washington, DC, arbeitet er nun als Privatdetektiv. "Right as Rain" führt Strange und Terry Quinn zusammen. Quinn ist ebenfalls ein Washingtoner Urgestein; wenngleich ein jüngeres. Auch er ist ehemaliger Polizist. Quinn hing seine Uniform jedoch an den Nagel, nachdem er einen Mann erschossen hatte, der sich ihm gegenüber nicht als Polizist zu erkennen gegeben hatte. Strange ermittelt im Auftrag der Mutter des Erschossenen, die verzweifelt nach Gerechtigkeit sucht. Die Geschichte spielt im Washington der Neunzigerjahre, das mehr Moloch als Machtzentrale ist. So weit, so klar.

Hier die zusätzlichen Informationen: Strange ist schwarz, Quinn weiß. Der Mann, den Quinn erschoss, war schwarz und beugte sich mit einer Waffe über einen Weißen.

Als Strange und Quinn sich besser kennenlernen, gewinnen sie so viel Vertrauen zueinander, dass Quinn schließlich bei den Ermittlungen Stranges mithilft. Ziel ist es nun, die Ungereimtheiten aufzuklären, die sich immer noch um besagte Todesnacht drehen. Zwar war Quinn von jeglichen Vorwürfen befreit worden (alles sei 'right as rain' gelaufen). Dennoch nagt die Nacht noch immer am Westernfan Quinn. Sein Gewissen scheint nicht rain... äh... rein zu sein.

Nebenbei werden Strange und Quinn immer weiter in die Tiefen der Welt der Drogenabhängigen und Drogendealer gezogen. Quinn und Strange kämpfen beide mit ihren jeweiligen rassistischen Vorurteilen. Sie leugnen sie, fallen ihnen zum Opfer und suchen einen Weg, damit umzugehen. Jede Seite dieses Buches nimmt ein Klischee auf, hält es dem Leser vor Augen und fordert ihn auf Stellung dazu zu beziehen.

Eingebettet sind all die Themen, die Rassismus, Drogen und Gesellschaft streifen, in einen von George Pelecanos wunderbar solide gestalteten Krimi-Plot. Neben interessanten und tiefgründigen Charakteren hält die Geschichte auch glaubwürdige Schurken, hervorragende Schilderungen von Washingtons Problemvierteln und hintergründigen Humor für ihre Leser bereit. Schmankerl sind die Verweise auf Westernklassiker, sei es als Buch, Film oder Filmmusik. Am Ende ist auch dies wieder eine Variation des Westernthemas komplett mit erfahrenem Gunslinger, heißblütigem Cowboy und finaler Schießerei. 
  • Plot: (5/5)
  • Action: (5/5)
  • Spannung: (3/5)
  • Charaktere: (5/5)
  • Humor: (4/5)
  • PASCH: (5/5)
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George Pelecanos, Right as Rain
Taschenbuch: 384 Seiten
Verlag: Grand Central Publishing (1. Februar 2002)
ISBN-10: 0446610798

Roberto, der Rächer (4/5)

Elmore Leonard, Valdez Is Coming (1970)


Weil er zur falschen Zeit am falschen Ort war, musste Valdez einen Mann töten. Weil er die schwangere Gefährtin des Getöteten nicht hilflos alleinlassen möchte, appelliert er an den Gerechtigkeitssinn eines harten Mannes. Doch dem gehen die Dollars nicht leicht von der Hand.

Mehr als vierzig Jahre ist es her, dass Elmore Leonard den ängstlichen Hilfssheriff mit Stehkragen und Migrationshintergrund Roberto "Bob" Valdez zum einsamen Gerechten werden ließ. Immer wieder kämpft Valdez mit sich selbst, wenn er versucht, sein Anliegen konkret zu formulieren. Er ahnt, dass der schwangeren Indianerin Unrecht geschehen ist. Er vermutet, dass ein Gericht das wohl auch so sehen könnte. Er ist sicher, dass alle Beteiligten ihren Teil dazu beitragen müssen, der Frau und ihrem ungeborenen Kind Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Gerade in der Unsicherheit und den Problemen sich auszudrücken, liegt die Tiefe des Bob Valdez. Obwohl er nicht genau beschreiben kann, warum der Frau nun 500 Dollar zustehen, gibt er nicht auf, das Geld unter Lebensgefahr einzufordern.

Sein Gewissen zwingt Valdez, auf Gerechtigkeit zu drängen. Auch nachdem er zweimal scheitert und dabei fast stirbt, verfolgt er weiter sein Ziel. Erst wird Valdez von allen unterschätzt. Doch immer wenn seine Feinde das erkennen, ist es für sie zu spät.

Leonards Valdez erinnert an den originalen John Rambo aus David Morrells First Blood (1972). In der Figur des wortkargen Valdez drückt sich das Gefühl des unterdrückten Underdogs aus. Denn der weiß einfach immer, was eigentlich richtig ist. Als Valdez, der stets unterschätzt wurde, seinen Zweck findet, kann ihn nichts mehr von seinem Ziel abbringen. Hartnäckig und gekonnt (auch hier die Parallele zu Rambo, dem Veteranen, der wie ein Indianer kämpft) setzt er sich, scheinbar schmerzfrei, gegen alle Gangster durch.

Die gewohnt lakonische Schilderung eines Leonardschen Helden spiegeln sowohl die Hartnäckigkeit und Direktheit des Protagonisten als auch von dessen ebenso querköpfigen Gegenspieler Tanner wider. Die mexikanische Herkunft hat Valdez stur, die Misshandlungen durch seine Feinde entschlossen, sein Nachdenken über den heiligen Franz von Assisi weise und die Erfahrungen im Kampf gegen die Apachen hart gemacht. Dass es eigentlich Valdez war, der denn Mann am Anfang erschossen hat, vergessen nicht nur die Leser, sondern scheinbar auch alle anderen. Nun geht es nur noch um das Geld, das Tanner hat und von dem Valdez sicher ist, dass es jemand anderem zusteht.

  • Spannung: Wann explodiert er? (4/5)
  • Action: Wann zieht wer? (4/5)
  • Charaktere: Wer ist hier der Boss? (5/5)
  • Plot: Was ist der direkte Weg? (4/5)
  • FAZIT: Alles Western, oder was? (4/5)

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Elmore Leonard, Valdez Is Coming (1970)
Taschenbuch: 208 Seiten
Verlag: Orion Paperbacks; Auflage: New Ed (24. März 2005)
ISBN-10: 0752864491