Thrillerkolumne

Thriller ohne Leserstrahlen ist wie Spenser ohne Boston, Behr ohne Indianapolis, Reacher ohne Army, Rain ohne Judo, Parker ohne Plan, Bolitar ohne Win, Forsythe ohne Whisky, McGee ohne Florida, Hank ohne Baseball, Duffy ohne Beemer...

CLANCY, Debt of Honor (3/5) LESEN

Ryan müsst man sein

1994. Die USA feiern das Ende des Kalten Kriegs mit der einvernehmlichen Zerstörung ihrer und der sowjetischen Interkontinentalraketen. Nachdem der amerikanische Kongress zugleich als Subventionspaket für die heimische Industrie Importen aus Japan empfindliche Restriktionen auferlegt, greift in Japan der skrupellose Konzernchef Razio Yamata in die Geschicke und das Schicksal seines Landes ein. Sein Schwur nach Rache an den Amerikanern, die einst seine Familie von der Insel Saipan vertrieben, lässt ihm jedes Mittel recht erscheinen, um den USA an mehreren Fronten den Krieg zu erklären. Nach einem Angriff auf den Aktienmarkt und der Eroberung einiger Pazifikinseln stellt er das Militär und die Wirtschaft der Vereinigten Staaten auf ihre erste schwere Probe nach dem Ende des Kalten Kriegs.
Der Historiker John „Jack“ Ryan steht nach seinen vielen Abenteuern (unter dem Meer oder auf der Suche nach entwendeten Atomwaffen) in diesem siebten Roman mit ihm nun im Dienste der CIA nun Nationaler Sicherheitsberater des Präsidenten. Er nach einem wohlkalkulierten und präzise durchgeführten Überraschungsangriff der Japaner an die Wand gedrängt. Während zugleich Indien droht, Sri Lanka anzugreifen, scheint die mittlerweile reduzierte Truppenstärke der USA den Aufstieg neuer Mächte nicht aufhalten zu können. Nach gelungenen Attacken der Japaner im Pazifik scheinen die USA gelähmt.

Die eintausend Seiten des Buches bieten genug Raum, um den ein oder anderen Bekannten aus früheren Abenteuern mit Nebengeschichten einzubinden. John Clark spioniert in Tokio, als Russe getarnt und mit Hilfe der KGB-Nachfolgeorganisation. Überhaupt sind die Feinde von gestern nun fast schon Freunde. Sie helfen Clark und auch Ryan, der dank seiner alten Kontakte in Moskau neue Partner findet. Da in den vorherigen Werken Clancys bereits mehrere Dinge geschahen, die von der wirklichen Gang der Geschichte abwichen und die späteren Romane diese Änderungen aufnahmen, hält die Welt von Jack Ryan daher auch einige Abweichungen von dem, was wir aus der wirklichen Welt kennen, bereit. Das wird sich in den chronologisch folgenden Romanen nicht ändern. Die einmal eingeschlagenen Pfade in Clancys Universum bleiben in den Topographien all seiner weiteren Bücher erhalten. Für Fans der ersten Stunde lohnt es sich zu sehen, wie die Entwicklung der Welt – von Ryan beeinflusst – in eine parallele Struktur der Weltpolitik mündet und dort in politische Entwicklungen einbezogen wird. Den wohl schwersten Schlag gegen die Geschehnisse der wahren Welt führt ein japanischer Pilot zu Ende des Romans aus. Auch wegen dessen Tat wurde lange gemunkelt, der mittlerweile verstorbene Clancy wurde nach den Anschlägen vom 11. September in einen Beraterstab des Präsidenten berufen.



Wie auch die anderen Romane Clancys lebt DEBT OF HONOR von den detaillierten Schilderungen technischer Möglichkeiten und Anwendungen. U-Boote, Flugzeugträger, Helikopter, Düsenjäger und vieles mehr sind ebenso klar und facettenreich beschrieben wie die geopolitischen Konstellationen und die wichtigen Brückenköpfe, die es einzunehmen gilt, um diese zu beeinflussen. Bei aller Technik fehlt das Herz. Technologische Details machen aus Gesprächen keine fesselnden Dialoge, tausend Seiten aus Länge keine Fülle, aus Ryan keinen Reacher, keinen Parker, keinen Rain. Trotzdem ist Clancy ein guter Wegweiser durch die Wirren der Weltpolitik. 

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Plot: 4/5
Action: 3/5
Spannung: 3/5
Charaktere: 3/5
Humor: 2/5

PASCH: 3/5

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Tom Clancy, Debt of Honor, 1994