Thrillerkolumne

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Simmons, Olympos (3/5)

Weiter geht's im Calibanigalopp...

Olympos ist die Fortsetzung des Science-Fiction-William-Shakespeare-Homer-Proust-Fantasy-Romans Ilium (Ilium. (Gollancz SF) (Gollancz) (GollanczF.)). Dan Simmons nimmt hierin die etwas unordentlich liegengelassenen Fäden des Vorgängers wieder auf und gibt sein Bestes, sie sinnvoll zu verknüpfen. Das gelingt ihm mit vielen aber nicht mit allen. Allerdings wird die wilde Fahrt, die zum Ende von Ilium aufgenommen wurde, zunächst nicht aufrechterhalten.

Zu Beginn der Geschichte ist der Krieg der Menschen gegen die Götter in vollem Gange. Die vereinigten Truppen der Griechen und Trojaner erhalten bitter benötigte Hilfe von den Moravecs, jenen androidenartigen Wesen, die schon im ersten Teil auftauchten. Jedoch bricht bald der Zwist zwischen den beiden ursprünglich verfeindeten menschlichen Gruppen schnell wieder aus und diese Geschichte nimmt eine unerwartete aber nicht überraschende Wendung...

Im zweiten Handlungsstrang geraten die Menschen auf der richtigen Erde (der Krieg der antiken Helden gegen den vereinigten olympischen Pantheon findet ja auf dem terra-geformten Mars statt) derweil mächtig unter Druck. Die Voynix, "the artists formerly known as Menschendiener", die nun Menschenkiller sind, drohen die letzten Reste der Menschheit zu vernichten. Apropos Voynix, ihr Name basiert auf dem Voynich-Manuskript (The Voynich Manuscript: The Mysterious Code That Has Defied Interpretation for Centuries), das wohl genauso rätselhaft ist wie die Herkunft und die Ziele der Roboter mit Grashüpferfunktionen. Das Manuskript kann man sich auch komplett und in guter Auflösung online auf den Seiten der Yale University anschauen. Dies ist nur ein kleines Beispiel für die vielen Details, Andeutungen und Zitate, die die den eigentlichen Reiz auch dieses Werkes von Simmons ausmachen. Das bereitet teilweise so viel Freude, dass man ihm die ein oder andere Länge, manche nicht aufgelöste Rätsel oder nicht fortgesetzte Teilgeschichten (was ist z.B. mit Patrokles?) verzeiht.

In einer solch kurzen Rezension den vielen Facetten, Querverweisen und schönen Ideen gerecht zu werden, ist einem Sterblichen leider nicht gegeben. Deswegen konzentriere ich mich auf die Begründung für die Sternvergabe.

Den ersten Stern gibt es aus meiner persönlichen Perspektive für die Kunst, so viele verschiedene Themen, Konzepte und Ideen zu vereinen. An anderer Stelle (war es im Vorwort?) hat Simmons den Ursprung dieser Gabe erläutert: Er habe als Kind kein Problem damit gehabt, Spielzeugsoldaten gemeinsam mit Dinosauriern gegen Cowboyfiguren antreten zu lassen. Seiner Phantasie hat diese Vorbereitung keinen Abbruch getan.

Stern Nummer zwei - wieder subjektiv - erhält Olympos für seine Länge. Für seine Länge? Ja. Auch wenn das ab und zu bemängelt wird, gehört es für mich zu so einem Wälzer dazu, dass er eben dick ist. Die Geschichte entfaltet sich und dazu braucht es nun einmal Platz. Wenn Simmons nur die Actionszenen aneinandergekittet hätte, hätte es einen knalligen, aber eben keinen so zum Versinken einladenden, Roman gegeben. Und sonst wär's ja auch keine Space Opera, sondern ein Sommer- und kein lauschiger Herbstroman. So nämlich.

Den dritten Stern haben sich Mahnmut und Orphu of Io (letzterer besonders hart) erarbeitet. Ihre Dialoge und vor allem ihre Freundschaft gehören für mich in die gleiche Liga wie die zwischen Frodo und Sam oder Mike und Manuel Garcia O'Kelly (The Moon is a Harsh Mistress (S.F. Masterworks)).

Dabei bleibt es aber auch. Die schon in anderen Rezensionen erwähnten rassistischen, anti-muslimischen Andeutungen und Verweise Simmons' nerven am Ende doch zu gewaltig. Und auch wenn die ausufernde Geschichte mir Spaß gemacht hat, stört es mich, dass am Ende einige wichtige Dinge nicht mal andeutungsweise aufgeklärt werden. Damit bleibt es bei drei Sternen und der wichtigen Warnung, die ja manchmal nicht zutrifft, die aber bei Olympos definitiv angebracht ist: Dieser Roman kann nicht verstanden werden, wenn man vorher nicht Ilium, also den ersten Teil, gelesen hat.
 
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Dan Simmons, Olympos.
912 Seiten
ISBN: 0575078820
Verlag: HarperCollins e-books (13. Oktober 2009)

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