SAYONARA SMITH-SAN
Außer Atem war nicht nur die blonde
Konkubine, die tot auf dem Konferenztisch des japanischen Großkonzerns gefunden
wurde. Doch anders als bei ihrer sexuellen Vorliebe stammt die Atemnot von
Lieutenant Smith nicht vom würgenden Liebhaber aus Fernost, sondern von den kniffligen
Problemen, vor welche ihn der Mord an besagter Schönheit
stellt. Smith arbeitet im Los Angeles der frühen 90er Jahre als Kontaktoffizier
für Zwischenfälle mit japanischer Beteiligung – hochrangiger und reicher
japanischer Beteiligung. Weil dazu auch Morde gehören, erhält er auf 400 Buchseiten
einen relativ umfassenden Eindruck von der Gefährdung Amerikas durch japanische
Megakonzerne. Die machten, treu ihrem Motto "Geschäft ist Krieg", ernst.
Wie bei Michael Crichton-Romanen üblich
(außer bei Pirate Latitudes) führte uns der mittlerweile verstorbene Autor ein
gesellschaftliches Problem im Gewand einer mehr (Lost World, Timeline) oder
weniger (Prey, State of Fear) spannenden Geschichte vor. Crichtons Thriller
folgen stets dem gleichen Muster: Verschiedene Handlungsstränge (mit guten
Überraschungen), wissenschaftliche Erläuterungen (im Vorbeigehen), technische
Neuerungen (immer im Bereich der Science-Fiction und doch fast schon möglich). Obwohl
es dieses Mal deutlich weniger verschiedene Perspektiven gibt, ist die Handlung
außergewöhnlich abwechslungsreich. Wirkliche Wendungen geben dem Ganzen im
dritten Drittel ein schönes Finish.
Smith wird unterstützt und
protegiert von Connor. Der wiederum ist Japan-Experte und ein Freund
hochrangiger japanischer Konzernlenker, deren Unternehmen drohen, Los Angeles,
Kalifornien und schließlich die USA zu übernehmen. Schließlich, so der Vorwurf,
stünde in den USA alles zum Verkauf. Wer könnte es den Männern aus Nippon
verdenken einzukaufen?
"Rising Sun" ist ein guter Einblick
in die Ängste der USA in den frühen 90er Jahren, als es japanische und nicht
arabische Namen waren, die beim Thrillerleser einen wohligen Schauer
hervorriefen. Vieles hat sich nicht bewahrheitet. Das Szenario Crichtons ist
(aus der 22 Jahre späteren Perspektive wohlgemerkt) übertrieben. Vielleicht liegt es daran,
dass „Rising Sun“ manchmal ein bisschen nervt. Wer sich durch das zweite
Drittel des Romans geschlagen hat, wird aber mit einigen Überraschungen, guter
Action und einem guten Ende entschädigt.
Übrigens: In der Verfilmung ist Snipes Smith und Connery Connor. Besser wird's dadurch jedoch nicht.
- Plot: 4/5
- Action 4/5
- Spannung 4/5
- Charaktere 3/5
- Humor 0/5
- PASCH: 3/5
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Michael Crichton, Rising Sun, 1992