Ryan müsst man sein
1994. Die USA feiern das Ende des Kalten Kriegs mit der
einvernehmlichen Zerstörung ihrer und der sowjetischen Interkontinentalraketen.
Nachdem der amerikanische Kongress zugleich als Subventionspaket für die
heimische Industrie Importen aus Japan empfindliche Restriktionen auferlegt, greift
in Japan der skrupellose Konzernchef Razio Yamata in die Geschicke und das
Schicksal seines Landes ein. Sein Schwur nach Rache an den Amerikanern, die
einst seine Familie von der Insel Saipan vertrieben, lässt ihm jedes
Mittel recht erscheinen, um den USA an mehreren Fronten den Krieg zu erklären. Nach einem
Angriff auf den Aktienmarkt und der Eroberung einiger Pazifikinseln stellt er
das Militär und die Wirtschaft der Vereinigten Staaten auf ihre erste schwere
Probe nach dem Ende des Kalten Kriegs.
Der Historiker John „Jack“ Ryan steht nach seinen vielen
Abenteuern (unter dem Meer oder auf der Suche nach entwendeten Atomwaffen) in
diesem siebten Roman mit ihm nun im Dienste der CIA nun Nationaler Sicherheitsberater
des Präsidenten. Er nach einem wohlkalkulierten und präzise durchgeführten
Überraschungsangriff der Japaner an die Wand gedrängt. Während zugleich Indien
droht, Sri Lanka anzugreifen, scheint die mittlerweile reduzierte Truppenstärke
der USA den Aufstieg neuer Mächte nicht aufhalten zu können. Nach gelungenen
Attacken der Japaner im Pazifik scheinen die USA gelähmt.
Die eintausend Seiten des Buches bieten genug Raum, um den
ein oder anderen Bekannten aus früheren Abenteuern mit Nebengeschichten
einzubinden. John Clark spioniert in Tokio, als Russe getarnt und mit Hilfe der
KGB-Nachfolgeorganisation. Überhaupt sind die Feinde von gestern nun fast schon
Freunde. Sie helfen Clark und auch Ryan, der dank seiner alten Kontakte in
Moskau neue Partner findet. Da in den vorherigen Werken Clancys bereits mehrere
Dinge geschahen, die von der wirklichen Gang der Geschichte abwichen und die
späteren Romane diese Änderungen aufnahmen, hält die Welt von Jack Ryan daher
auch einige Abweichungen von dem, was wir aus der wirklichen Welt kennen, bereit.
Das wird sich in den chronologisch folgenden Romanen nicht ändern. Die einmal
eingeschlagenen Pfade in Clancys Universum bleiben in den Topographien all
seiner weiteren Bücher erhalten. Für Fans der ersten Stunde lohnt es sich zu
sehen, wie die Entwicklung der Welt – von Ryan beeinflusst – in eine parallele
Struktur der Weltpolitik mündet und dort in politische Entwicklungen einbezogen
wird. Den wohl schwersten Schlag gegen die Geschehnisse der wahren Welt führt
ein japanischer Pilot zu Ende des Romans aus. Auch wegen dessen Tat wurde lange
gemunkelt, der mittlerweile verstorbene Clancy wurde nach den Anschlägen vom
11. September in einen Beraterstab des Präsidenten berufen.
Wie auch die anderen Romane Clancys lebt DEBT OF HONOR von den detaillierten Schilderungen technischer Möglichkeiten und Anwendungen.
U-Boote, Flugzeugträger, Helikopter, Düsenjäger und vieles mehr sind ebenso
klar und facettenreich beschrieben wie die geopolitischen Konstellationen und
die wichtigen Brückenköpfe, die es einzunehmen gilt, um diese zu beeinflussen.
Bei aller Technik fehlt das Herz. Technologische Details machen aus Gesprächen keine
fesselnden Dialoge, tausend Seiten aus Länge keine Fülle, aus Ryan keinen
Reacher, keinen Parker, keinen Rain. Trotzdem ist Clancy ein guter Wegweiser durch
die Wirren der Weltpolitik.
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Plot: 4/5
Action: 3/5
Spannung: 3/5
Charaktere: 3/5
Humor: 2/5
PASCH: 3/5
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Tom Clancy, Debt of Honor, 1994